Segeltörn Penumbra
Samstagmorgen um 5 Uhr geht die Reise am Leipziger Hauptbahnhof los. Nach und nach trudeln die verschlafenen Mitglieder der Stämme Bankiva, Fennek, Jötnar, Roter Fuchs und LEO ein. Für 6 Uhr war die Abfahrt geplant, schließlich brechen wir mit fast einer Stunde Verspätung auf. Alle sitzen aufgeregt und müde in den zwei Bussen Richtung Harlingen in den Niederlanden. Während der achtstündigen Busfahrt wird geschlafen, gespielt, gequatscht und gelacht, alle freuen sich über das Wiedersehen und auf das bevorstehende Abenteuer.
Am Nachmittag kommen die Busse endlich an, wir steigen aus den klimatisierten Fahrzeugen hinaus in die Hitze des Nachmittags. Alles wird ausgeladen, die Leute werden auf die fünf Schiffe aufgeteilt, insgesamt sind wir ungefähr 110 Pfadis. Wir lernen die Crew kennen, zwei Skipper pro Schiff die uns die nächsten sechs Tage begleiten, den Landratten das Segeln näherbringen und zusammen mit uns die Traditionssegler bewegen werden.
Die Kajüten werden bezogen und alle richten sich auf den Booten ein, die meisten Schiffe legen schon bald ab und segeln erstmal los. Die beiden Schiffe des Stammes LEO, die Lauwerzee und die Johanna Engelina, bleiben für die Nacht noch in Harlingen und genießen ihr Abendessen im Sonnenuntergang, an Deck der nebeneinanderliegenden Schiffe. Der Abend nimmt seinen Lauf, aber die meisten gehen früh schlafen, erschöpft von der langen Anreise fallen wir an diesem Tag in die Kojen.
Am Sonntag um 9 Uhr morgens treffen wir uns mit unserem Skipper und unserem Matrosen an Deck. Zuerst wird das Schiff zum Ablegen bereit gemacht und wir fahren angetrieben vom Motor aus dem Hafen von Harlingen raus auf das Wattenmeer. Sobald wir richtig zum Wind stehen erklärt uns Tim der Matrose wie die Segel gehisst werden, an welchen Seilen wann gezogen wird und dass die meisten gar nicht Seile, sondern Falle, Schot oder Talje genannt werden. Am ersten Tag auf See sind alle noch wie verzaubert vom Wind und dem Blick auf die Wellen. Man begreift die Macht die im Wind steckt und die Kraft, die das Wasser um einen hat, bewundert, wie es den Menschen gelungen ist, sich diese Kräfte zu Nutze zu machen und sie auszutricksen.
Als es anfängt zu regnen, fliehen alle unter Deck in den Gemeinschaftsraum. Dort werden Karten gespielt, in der Kombüse wird eifrig fürs Mittag geschnippelt und als wir dem Hafen näherkommen ruft uns Tim, der Matrose, nach oben um die Segel wieder einzuholen. Im Hafen von Terschelling kann die Lauwerzee wieder neben uns anlegen und der Stamm LEO ist für den Abend wieder vereint. Einige gehen Baden, andere erkunden die Stadt, manche basteln Girlanden zur Dekoration der Reling. Nach dem Abendessen gibt es eine Singerunde auf Deck, wir müssen uns nämlich für den bevorstehenden Singewettstreit auf dem Lager rüsten …
Morgens brechen wir wieder um die gleiche Zeit wie am Vortag auf, diesmal mit dem Zielhafen Nes auf Ameland. Es ist sonnig und wir wissen, was auf uns zukommt. Gestern wurden wir in die Klüvergruppe, die Großsegelgruppe und die Besangruppe aufgeteilt. Die erste Gruppe kümmert sich um das Focksegel, den Klüver und das Klüversegel. Die zweite Gruppe ist zuständig für das Hissen des Großsegels und das Einstellen der Großschot. Die dritte Gruppe zieht das Besansegel nach oben und lenkt mit dem Skipper die Schwerter, wenn Manöver gefahren werden. So lernt jede Gruppe ihren Bereich gut kennen.
Am frühen Nachmittag fahren wir schon im Hafen von Nes auf Ameland ein, dort treffen wir heute auch die anderen Segelschiffe mit der pfadfinderischen Besatzung an. Am Nachmittag geht eine große Gruppe quer über die Insel zum Nordseestrand auf der anderen Seite um das Badevergnügen zu genießen. Andere gehen im Watt spazieren und bestaunen mit welcher Schnelligkeit sich das Wasser aus dem Hafen zurückzieht. Nach dem Essenskreis auf dem Pier geht es zur Hafenralley mit den anderen Schiffen, alle werden aufgeteilt um in den kleinen Gruppen Rätsel zu lösen und die Insel zu erkunden bis es schließlich dunkel wird.
Am vierten Tag unserer Reise ist die Insel Schiermonnikoog unser Ziel. Laurenz unser Skipper erzählt uns, dass er es aufgrund des Tiefgangs vom Boot und der Tiede nur zwei- oder dreimal im Jahr schafft dorthin zu segeln, deshalb fahren wir heute ein wenig eher los. Auf dem Weg bleiben wir ein paar mal stecken und das Schiff setzt im Sand auf. Beim ersten Mal sind alle ganz erschrocken als Tim uns alle zum Bug scheucht. Die ganze Besatzung soll soweit vorne aufs Schiff wie möglich, um das Gewicht ein wenig zu verlagern, das beschert uns die Zentimeter, die wir brauchen um weiterzufahren. Am Nachmittag kommen wir in Schiermonnikoog an. Die Waterman mit dem Fahrtenteam an Bord ist am gleichen Hafen und am Abend starten wir eine gemeinsame Singerunde.
Heute ist Mittwoch und wir werden am Nachmittag trocken fallen. Das heißt, wir laufen auf und warten bis die Ebbe das Meer mitnimmt und unsere Schiffe im Watt zurücklässt. Nach dem sonnigen, windigen Tag auf See landen wir auf einer Muschelbank. In der Ferne sichten wir eine Robbe im Wasser. Schon bald hat sich das Wasser zurückgezogen, die Leiter wird nach unten gelassen. Beim Erkunden des Watts finden wir unendlich viele Muscheln und dazwischen Krebse, Algen, Fische und Seesterne. Der Essenskreis wird auf der getrockneten Muschelbank umgeben von Wasser begonnen, nach einer Weile ist das Wasser schon soweit gestiegen dass wir mit unseren Töpfen, Koschis und Isomatten zurück an Bord fliehen müssen. In kurzer Zeit sind wir wieder vom Wasser umgeben. Bevor wir Ankern fahren wir noch ein Stück mit dem Motor in den Sonnenuntergang hinein. Diese Nacht auf See schlafen viele an Deck unter den Sternen, umgeben vom Rauschen des Meeres.
Am letzten vollen Tag auf See wird es noch einmal stürmisch. Wir sind auf dem Weg nach Vlieland wo wir den letzten Abend auf dem Schiff verbringen werden. Der Tag geht ruhig los, vor dem Losfahren müssen wir eine Weile warten, bis wir genug Wasser unterm Kiel haben. Die Segel werden gesetzt, der Wasserweg nach Vlieland wird eingeschlagen. Wir müssen durch eine enge Fahrrinne, das heißt, heute sind viele Manöver angesagt. Der Himmel ist grau und der Wind wird immer heftiger, an Deck werden viele Leute gebraucht und wegen des hohen Wellengangs tragen wir alle Rettungswesten. Zwischendurch liegt das Schiff so schief, dass es einem unter Deck schwerfällt das Gleichgewicht zu halten und an Deck schwappen die Wellen auf einer Seite über die Gangway während die andere Seite hoch in der Luft hängt. Wir fahren viele Wenden, also müssen die Segel oft von einer Seite auf die andere gebracht und die Schwerter versenkt und wieder hochgekurbelt werden. Am Nachmittag erreichen wir Vlieland, wo wir wieder mit der Lauwerzee zusammentreffen. In den Dünen gibt es abends eine zauberhafte Singerunde unter dem Sternenhimmel, manchmal verdeckt von Wolkenfetzen.
Von Vlieland fahren die beiden Schiffe zurück nach Harlingen, dem Hafen, in dem wir eine Woche zuvor gestartet sind. Die Segel werden ein letztes Mal abgedeckt, gehisst, wieder eingeholt und zugedeckt. Alle genießen noch einmal den Fahrtwind im Gesicht, die friedliche Stimmung auf dem Meer bis wir Mittags ankommen. Das Deck wird geschrubbt, die Kajüten geräumt, die Lebensmittel und Rucksäcke an Land getragen. Alle packen noch einmal mit an und dann geht es mit dem Gepäck zu den Bussen. Bevor wir einsteigen machen wir einen Abschlusskreis mit Laurenz und Tim und singen „Nehmt Abschied“ mit ihnen.
Nun geht es für uns alle zum Landrattenlager, wo wir vereint mit den anderen Schiffsgruppen noch weitere 5 Tage verbringen werden. Mit den Bussen fahren wir zu dem Gilwell-Lagerplatz „Adas Hoeve“. Dort gibt es die nächsten Tage Programm für die Teilis, den Singewettstreit, einen Raus-Tag für die R*Rs, Abende mit Singerunden in der Pinte, Siebdrucken und vor allem erzählen alle von ihren Abenteuern im Wattenmeer.
Ich hoffe ich konnte ein Bild unserer Reise vermitteln und euch ein wenig an unserem Abenteuer teilhaben lassen.
Sprudl
Stamm LEO – Leipzig